"Der Mann, der Liberty Valance erschoss" - Maxim Gorki Theater Berlin


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Als mein erster Gruppendrang-Kurs sich nach den erfolgreichen Titus-Andronicus-Aufführungen zum Abschlussessen und Feedback traf, überraschten sie mich mit sehr tollen Abschiedsgeschenken: einer bedruckten Tasse mit einem Foto der Inszenierung, einem Blumensträußchen und einem Gutschein für´s Maxim Gorki Theater.
Der Gutschein hing in der alten Wohnung eine Weile über meinem Schreibtisch und verschwand dann beim Umzug in meinen Unterlagen. Nach fast einem Jahr in meiner neuen Wohnung kramte ich ihn wieder hervor, um ihn endlich einzulösen. Ich gönnte mir einen Platz in der ersten Reihe und wie beim "Feuerschiff" fiel die Wahl des Stückes extrem einfach: ich brauchte nur das Wort "Western" lesen und die Sache war geritzt.

Seit einiger Zeit war ich nun endlich mal wieder im Maxim Gorki Theater. Schon das Bühnenbild sprach mich an, 50er-Jahre Reklame-Schilder einer Westernstadt kündigten wunderbares an und ergaben mit den weiteren Holzbauten hinter dem eisernen Vorhang die klassische Straßenflucht des Wüstenortes Two Trees.

Optisch war ich sofort überzeugt und auch inhaltlich komplett befriedigt: wo Western draufsteht, ist auch Western drin.
Mit "Der Mann, der Liberty Valance" erschoss, hat Regisseur Hakan Savaş Mican einen späten Western auf die Bühne gezaubert. Ich kenne das Buch und dessen Verfilmung nicht, aber dieser Bühnenwestern hat mich gleich gepackt. Die Schauspieler hatten Freude an diesen "Typen", dem typischen Cowboy, dem Anwalt aus der Stadt, der toughen jungen Wirtin, dem versoffenen Journalisten, dem knurrigen Sheriff und dem kalten Bösewicht.

Die übergeordnete Thematik - der freiheitsliebende, in seinem Umfeld perfekt zurechtkommende, anarchische Liberty Valance gegen den jungen, gesetzestreuen Stadtmenschen Ransom. Der eine bevorzugt das System der Naturgesetze, der andere das der politischen Verfassung. Ihr bevorzugtes System ist das für sie als Individuum passendere. Aber was sagen die anderen Bewohner des Städtchens dazu? Wie sollen sie überhaupt - als "Abgehängte" - mit dem Fortschritt der Städte mithalten? Der Städte, von denen sie nichts mitkriegen, die aber auch nicht ihrer Lebensrealität, ihren Alltagssorgen und ihrer Lebensweise entsprechen.

So schwebt über allen die Frage: wollen sie "Liberty" oder "Freedom"?


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