Gruppendrang - Warum ich gern Gruppen leite



In meiner Tätigkeit als Theaterpädagogin macht Gruppenleitung einen Großteil meiner Arbeit aus. Ich begleite Gruppen als Coach, ich führe sie zusammen, ich erschaffe sie. Mal nur einen Abend lang bei einem Workshop, mal über mehrere Monate.


Auch wenn es nicht immer leicht von der Hand geht, liebe ich diese Arbeit. Aus folgenden Gründen:


Ich lerne viel über mich selbst 

Wenn ich eine Gruppe leite, stoße ich bisweilen an Grenzen. Eigene Grenzen. Und ich lerne dabei immer mehr über mich.
Als ich das erste Mal Gruppen anleitete, lernte ich, dass ich dazu neige, mich zu wenig vorzubereiten. Ich dachte, dass ich ganz viel improvisieren kann, dass mir schon etwas einfallen wird. Bei meinen ersten Workshops hatte ich zu wenig Programmpunkte auf meinem Plan und saß in einer Pause panisch über weitere Übungen nachdenkend in der Toilettenkabine. Also arbeitete ich an meiner Vorbereitung, lernte, mir Puffer einzuplanen, mehr Material mitzunehmen und auch alternative Abläufe zu notieren.
Ein anderer wichtiger Fakt, den ich lernen musste, war die Feststellung, dass ich die Teilnehmer mögen muss, um mit ihnen zusammenzuarbeiten. Klingt so simpel und logisch, aber ich musste da erst drauf kommen. Mein erster Impuls war der Gedanke, dass ich eben nicht mit Menschen zusammenarbeiten kann, die ich doof finde. Aber das war nicht die Lösung. Die Lösung war, an meiner Haltung gegenüber meinen Mitmenschen zu arbeiten, ihnen mit mehr Offenheit zu begegnen und somit jeden in seiner eigenen Art wertzuschätzen. Ich muss nicht mit jedem befreundet sein (wäre auch zeitlich-logistisch problematisch), aber ich muss jeden respektieren und allen Teilnehmern die gleiche Wertschätzung entgegenbringen. Das tue ich sehr gern.


Ich lerne viel über andere Menschen

Menschenkenntnis ist eine wichtige Eigenschaft, die ich schon durch einen vorherigen Job recht gut trainiert hatte. Aber durch das Gruppenleiten wurde die Fähigkeit verstärkt. Und umso faszinierender finde ich es, zu beobachten, wie Menschen sich verändern, wenn sie Teil einer Gruppe sind, wie sie sich einbringen, welche Rollen sie einnehmen, welche Eigenschaften von ihnen in der Gruppe in den Vordergrund treten und welche sie eher außerhalb der Gruppe leben.
Mich interessiert, wie Menschen funktionieren, was sie antreibt und was sie bremst, wie sie ihr Potenzial entfalten können und wo dieses Potenzial überhaupt liegt.
Ein ganz besonderer Moment ist für mich stets der Premierentag, denn hier sehe ich zum ersten Mal, wie die einzelnen Teilnehmer mit Aufregung umgehen, ob sie ruhig oder fahrig werden, ob sie viel reden oder der Stress sich auf den Körper niederschlägt. Ich versuche, jedem seinen Raum zu geben und jeden in seiner Weise zu begleiten, zu motivieren, zu trösten und zu stärken.



Es entspricht meiner Persönlichkeit

Ich habe früher nicht damit gerechnet, dass ich jemals diesen Beruf ausüben werde. Meine Freude an Menschengruppen, an Rampenlicht, an Teamarbeit war immer groß, aber gleichzeitig habe ich auch eine sehr eigenständige Seite in mir, die nach vorn drängt und in Gedanken immer viel weiter ist als alle anderen. Auf einmal leitete ich in meiner Freizeit eine Theatergruppe und dachte: "Das liegt mir, das mach ich beruflich!"
Genau dieses langfristige Vorausdenken ist optimal für die Gruppenleitung. Meine Teilnehmer wissen stets, dass ich für Notfälle einen Plan B, C und D habe, das gibt ihnen Sicherheit. Ich bin ein ruhiger Mensch, kann aber auch Rampensau sein. Beides verträgt sich gut mit der Gruppenleitung, muss ich doch manchmal als Motivationsbeispiel vorangehen, aber oft auch still im Hintergrund beobachten.
Meine distanzierte Art hilft mir, eine neutrale Position zu bewahren, meine Begeisterungsfähigkeit lässt mich aber gleichzeitig Teil des Teams werden, so dass ich die Gruppe auf Augenhöhe leiten kann. Ich bin der Anker und gleichzeitig der Wind in den Segeln des Team-Schiffs.


Gemeinsam entstehen die besten Ideen


Eigene Ideen und Konzepte umzusetzen, ist eine sehr befriedigende Aufgabe, aber auch etwas einsam. Die Freude am Ergebnis ist ungleich größer, wenn die Ideen vorher in einem Team entwickelt wurden, denn geteilte Freude ist bekanntlich doppelte Freude.
Je mehr zusammen gebrainstormt wird, desto wahnwitzigere, aber auch wahnsinnig gute Ideen kommen zusammen. Die Teamarbeit hilft, unpraktische Lösungen durch praktischere zu ersetzen, die Verantwortungslast wird geteilt und der Prozess des gemeinsamen Planens und Entwickelns ist mindestens soviel wert wie das Ergebnis selbst.
Gemeinsam lassen sich Rückschläge und Tiefs leichter verkraften, ein Team ist Tröster und Aufmunterer in einem, eine kleine Familie, die mit fortlaufendem Arbeitsprozess immer enger zusammenwächst.


Ich kann andere Menschen glücklich machen


Eine Sache, die stets konstant blieb (und bleibt), ist meine Antwort auf die Frage "Was möchtest du in deinem Leben erreichen?" Meine Antwort ist seit jeher: "Ich möchte Menschen glücklich machen."
Ich möchte Ihnen Selbstvertrauen schenken, möchte sie ermutigen, ihre Talente und Ideen zu leben, offen zu sein und andere wertzuschätzen. Um das zu erreichen, ist es mir wichtig, Wissen über Menschen zu vermitteln und zum Austausch anzuregen.
In meinen Workshops habe ich zwei Lieblingsmomente:
Zum einen die fröhlichen Lachsalven, die bei improvisierten Szenen entstehen, in denen die Spieler, eigene und fremde Eigenschaften und Verhaltensweisen darstellen, in neue Zusammenhänge setzen oder überspitzt darstellen.
Zum anderen die Diskussionsrunden, in denen wir nach Begriffsdefinitionen suchen, Erfahrungen austauschen und voneinander lernen.
Mit jedem Abend wird unser Wissen erweitert, saugen wir neue Blickwinkel auf, die uns helfen, einander besser zu verstehen und somit besser zu kommunizieren. Und letztendlich glücklicher zu werden.



Foto: "Top Dogs", Theatergruppe Vorspiel: http://www.facebook.com/TheatergruppeVorspiel

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